Mit dem Motorrad alleine zum Nordkap
TAG 5 – „ERSTER ELCHKONTAKT“

 

Die (fast taghelle) Nacht wird von Vogelgezwitscher begleitet. Ich öffne das Zelt und werde fast blind. Siehe da, die Sonne scheint am heutigen Sonntag. Das wird ein guter Tag. Hajo, der junge Mann mit der KTM, und ich verabreden uns noch zum gemeinsamen Frühstück in dem Café auf dem Zeltplatz. Es ist zwar recht teuer, aber es gibt eine reichhaltige Auswahl.

Mein heutiges Ziel ist Anspruchsvoll, eigentlich sind die geplanten über 500 km kaum zu schaffen. Aber das Wetter ist so gut, da kann man mal was wagen. Hajo wird wohl heute bis Trondheim fahren. Er benötigt noch was für seine KTM. Wir wählen unterschiedliche Strecken. Bei der Verabschiedung bleibt nur eine offene Frage im Raume stehen: Wer erreicht das Nordkap zuerst?

Ich fahre von Kristiansund die 70 und wechsele auf die E39, dann mit der Fähre Kanestraum-Halsa mit der Fähre (65 Kr) und weiter bis Orkanger. Von da aus fahre ich die 710 bis Höhe Molnbukt und setze einmal mehr mit der Fähre Valset-Brekstad (65 Kr) über.

Fähre fahren

Vor mir fährt nunmehr eine Gruppe norwegischer Motorradfahrer. Das letzte Fahrzeug ist eine BMW K1200LT. Den Fahrer, ein älterer weißbärtiger Herr, habe ich schon auf der Fähre gesehen. Er scheint etwas schwerhörig zu sein oder er will mich an seinem Glück einer perfekt funktionierenden Stereoanlage teilhaben lassen. So durfte ich mich einer allzu langen Zeit seiner Countrymusik erfreuen.

Warteschleife für die Fähre

Kurze Zeit später wechsele ich von der 710 auf die 715. Die Landschaft scheint sich nach der letzten Fährfahrt radikal zu verändern. Je länger ich die 715 fahre, desto mehr Wälder. Dies zieht auch ein höheres Aufkommen von Schildern a la „Achtung Elche“ nach sich.

Es beginnt Kopfkino. Was werde ich tun, wenn ich auf einen Elch treffe. Was wird er tun? Geprägt von dem obigen „Countrymusikfahrer“ denke ich an den wilden Westen. Wer zuerst weicht wird verlieren! Und auf einmal ist es soweit. Ich sehe in der Ferne am linken Straßenrand einen Elch. Er scheint groß zu sein. Ich pirsche mich mit langsamer Fahrt an ihn heran. Er rührt sich überhaupt nicht. Je näher ich komme, desto unangenehmer die Situation. Erleichterung macht sich auf Höhe des vermeintlichen Elches breit. Es handelt sich nur um einen übergroßen Holzpostkasten.

Kurze Zeit später, ich fahre mittlerweile dreien Fahrzeugen hinterher, heißt es abrupt bis auf Stillstand abbremsen.  Irgendein braunes Tier, ich konnte es nicht erkennen, verzog sich rechts in die Wälder. Über den Tag durfte ich wieder mehrfach erleben, dass Schafe mal eben neben der Straße ohne weitere Abzäunung grasen. Dass ich noch keinen Unfall gesehen habe, grenzt an Wunder. Das mag jedoch auch daran liegen, dass ich heute wieder viele Minuten bis zu einer halben Stunde alleine fahre, ohne von anderen Autos vorne blockiert oder hinten belästigt zu werden.

Die 715 scheint am Anfang erst ein bisschen langweilig. Aber sie ist toll, macht richtig Spaß. Seien es Berge, die es zu erklimmen gilt oder aber Kurven in zahlreichen Varianten, die das Motorradfahrerherz höherschlagen lassen. Alles gepaart mit, ich sage mal, „Chillareas“, bei denen kurze Entspannung möglich ist.

Mittlerweile ist bei mir in Vergessenheit geraten, dass es ja noch die Elche gibt. Schilder habe ich lange keine mehr gesehen. Herzrasen. Abbremsen. Das ist keine Übung!  Ein Elch auf der rechten Seite – leicht auf meiner Straße – in Begleitung mindestens zweier Damen oder Herren? Ich stehe. Weiß nicht, was ich machen soll. Beim letzten Bremsgang heult mein Gas auf. Ich mache die GoPro an. „Das glaubt mir sonst keiner“, denke ich. Der Elch schaut mich an, ich schau den Elch an. Auf einmal fährt in aller Ruhe ein älteres Ehepaar mit seinem ebenfalls älteren KfZ an mir vorbei, welches  ich noch vor wenigen Minuten überholt hatte. Der Elch mitsamt Gefolgschaft entfernt sich in das Waldstück. Die Herrschaften halten an, machen das Fahrerfenster runter und winken mich vorbei. Danke! Für Euch die Linke zum Gruße die Herrschaften.

 

Der Elch – Ausschnitt aus GoPro-Video (Regen)

Von der 715 geht es auf die 17. Höhe Namsos bin ich leicht erschöpft. Ich habe nur einmal ohne längeren Aufenthalt getankt. Außer den Fährfahrten habe ich mir keine Pausen gegönnt. Es ist mittlerweile abends. Mein ursprüngliches Ziel liegt noch rund 170 km entfernt. Das wird mir zu spät für heute. Bei einem Kaffee auf der Tankstelle halte ich Ausschau nach nächstgelegenen Campingplätzen. Dem norwegischen Campingführer entnehme ich einen Platz in 40 km Entfernung, der ein unverschämtes Geld haben will. Das sehe ich nicht ein. Da ich nicht zurück fahren möchte entscheide ich mich, die lange Strecke doch noch auf mich zu nehmen.

Gerade als ich den Ort verlassen will, sehe ich ein Campingplatzschild. Wer hat denn den auf einmal hergezaubert? Argh. Daneben wird ein Flugplatz ausgeschildert. Muss nicht sein, aber besser als gar nichts. Eine Maschine habe ich noch landen und starten sehen. Das scheint der letzte Flug für heute gewesen zu sein. Es ist mittlerweile still. Gute Nacht Elche.

Campingplatz mit guten sanitären Einrichtungen, einer gut ausgestatteten Küche und großem komfortablen Fernseh-/ Speiseraum.

Miss Q ist nach wie vor zuverlässig und macht alles mit, was man ihr „sagt“.

Fakten:
Temperatur zwischen 13,5 und 20 Grad
Gefahrene Strecke:   391 km
Fähre/n: 2,97+3,13 Seemeilen (5,5+5,8 km) – 0,33+? Std. Fahrzeit
Campingplatz: PlusCamp Namsos (150 Kr) – Namsos

Norwegen TAG 5

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2 Gedanken zu „Norwegen TAG 5

  1. Moin Mario,

    Ich habe heute, am 15.06.17, um 15:45 Uhr, das Nordkap erreicht 🙂

    Die Lofoten habe ich leider ausgelassen. Aber ich habe das Gefühl, dass ich noch Mal wiederkommen werde.

    Ich fahre jetzt über Finnland und Schweden zurück.

    Es war eine wahnsinnig tolle Reise durch Norwegen!

    Ich wünsch dir noch eine Schöne Zeit hier oben!

    Bis zum nächsten Mal 😉

    Ktm-Hajo

    1. Hi Hajo,
      nice von dir zu lesen ! Dann warst du ja doch vor mir da oben. Herzlichen Glückwunsch. Lofoten solltest du auf alle Fälle irgendwann nochmal mitnehmen. Viel Spaß bei der Rücktour 🙂
      Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder auf ´ner Tour. Ggf melde dich. Machs gut.
      Mario

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