Mit dem Motorrad alleine zum Nordkap
TAG 17 „MITTERNACHTSSONNE“

 

Andy und ich gehen in der Nacht auf dem Vom Platzbetreiber vorgeschlagenen Hügel, um die Mitternachtssonne zu sehen. Er hat uns, unabhängig voneinander, einen „Weg“ empfohlen, den es so wie erhofft aber gar nicht gibt. So versuchen wir wie Pseudoindianer eine mögliche Fährte aufzuspüren. Unser Erfolg gleicht sich mit unserer Erfahrung im Fährtenlesen. Auf einem Hügel angekommen sehen wir, wie sich eine Gruppe von ca. 1o Personen drei Hügel weiter befindet. Wir können ihre Umrisse bei dem Blick in die Mitternachtssonne ganz klar erkennen. Also begeben wir uns ebenfalls auf den wohl richtigen Hügel.

 

 

 

 

 

 

 

Die Beobachtung der Sonne erweist sich als interessantes Schauspiel. Während Andy nach einiger Zeit kalt ist und er versucht wieder nach unten zu kommen, bleibe ich noch etwas oben auf dem Hügel liegen. Nach und nach verabschieden sich auch die anderen Sonnenanbeter bis ich irgendwann feststelle, dass ich nunmehr ganz alleine auf dem Hügel bin. Von meiner Pfandfinderehre gepackt, versuche ich den richtigen Weg nach unten zu finden. Um mir einen Überblick zu verschaffen schlage ich die richtige Richtung ein und suche den am höchsten liegenden Hügel auf. Dort angekommen denke ich mir, dass der Weg von dem Hügel runter der kürzeste sein dürfte. Somit beschließe ich, ungeachtet meines Schuhwerks mit glatter Sohle, den nicht ganz festen Boden unter den Füßen herunterzulaufen und einen zeitweise herabzurutschen. Dass ein Teil des Rutschens auf meinem Hosenboden erfolgte war allerdings nicht der Plan. Aber ich bin mir sicher: Ich hatte von Allen den direktesten Abstieg.

Auf dem Campingplatz angekommen – es ist schon gegen 01.30 Uhr – spricht mich ein anderer Deutscher an. Ich müsse gleich unbedingt seinen neuen Wohnwagen anschauen. Dort drin könnte er auch sein Motorrad transportieren. Ich sage zu, dass ich gleich, nachdem er auf Toilette war, vorbeizukommen. Aus der Anmeldung schimmert Licht, der Betreiber ist noch da. Ich will mein Glück ausprobieren und noch schnell eine Cola organisieren. Schnell? Zu früh gefreut. Ich bekommen meine Cola, darf mir aber noch einiges über die Sonne und seine Facebookseite und dem Vogelbild auf dem 200-Kronen-Schein anhören. Mist, denke ich, du musst ja noch zu dem Typen mit dem Wohnwagen, und verabschiede mich. Von weitem sehe ich ihn und eine weibliche Person vor einem Wohnwagen stehen. Der hat tatsächlich seine Frau aus dem Bett gerissen und nun warten die da seit geraumer Zeit auf mich. Sie entpuppt sich als recht redselig, was die Uhr noch weiter voranschreiten lässt. Würde es hier hell und dunkel geben, dann würde sicherlich bald das Morgenlicht erscheinen. Wie auch immer – ich habe es geschafft mich irgendwann loszueisen. Ehrlich gesagt wage ich zu bezweifeln, dass das Motorrad jemals den Innenraum dieses neuen Wohnwagens sehen wird.

Wie immer sind schon alle Tagescamper – auch Andy – weg bevor ich mich endgültig aus dem Zelt bequeme. Die meisten kehren im Gegensatz zu mir schon recht zeitig auf den Plätzen ein und gehen auch entsprechend früh schlafen.

Ich habe wieder Fährfahrten vor mir Nesna-Lavang (71 Kr), Tjotta-Forvik (96 Kr) Anddalsvag-Horn (62 Kr) und heute soll er sein, der Tag der Tage, der Tag der alles bislang gegessene in den Schatten stellen wird: Ich habe vor, an Bord Labskaus zu essen. Bei meiner Bestellung schaut der Smutje und zugleich Kassierer auf meinen Becher und fragt ganz trocken: „Coffee?“ – und ich: „Yes, and Labskaus please“. Er schaut mich mit strahlendem Lächeln an und seinen darauffolgenden Worten entnehme ich, dass er mehr als glücklich über meine Bestellung ist. Hmm, bin ich heute erster, bin ich das Versuchskaninchen, ist es das erste Labskaus, was er je aufgewärmt hat? Fragen über Fragen. Das Labskaus war reichhaltig und, sagen wir mal, lecker. Wieder erwarten konnte ich keinen Fisch herausschmecken, sondern Fleisch. Dazu gab es einige Scheiben Knäckebrot.

Gegen Abend beschließe ich, dass ich für heute genug Fähren gefahren bin und nehme mir einen Campingplatz direkt vor dem nächsten Fähranleger. Der Standort meines Zeltes ist schön und ich bin mir sicher, dass ich heute gut schlafen werde. Der gesamte Tag war trocken. Es hat nicht geregnet.


Fakten:
Temperatur zwischen 13 und 17 Grad
Gefahrene Strecke:   236 km
Fähre/n: 4,21+9,18+2,75 Seemeilen (7,8+17+5,1 km) – 0,33+1+0,33 Std. Fahrzeit
Campingplatz: Vennesund Camping AS (150 Kr) – Somna

Norwegen TAG 17

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