Mit dem Motorrad alleine zum Nordkap
TAG 14 „WAL-SAFARI“
Eine Nacht im Hostel war etwas ganz Neues. Hotel, Motel, Zelten kannte ich bereits. Im Zimmer neben mir haben sich zwei mit dem Rad reisende Norwegerinnen einquartiert. Ihre Räder stellen sie auf dem Flur vor ihrem Zimmer ab. Offensichtlich kann man sich beim Radfahren nicht so gut unterhalten. Zumindest haben diese beiden sich sehr viel zu erzählen. Mal im normalen, mal im hochlagigen Ton. Da ich kein norwegisch kann, war das für mich alles Wirrwarr. Ein Wirrwarr der nicht monoton genug war, um mich schnell einschlafen zu lassen. Am Morgen werde ich früh wach und sehe nur ein Fahrrad auf dem Flur. Mensch, denke ich, haben die sich etwa gestritten? Nur wenig später sehe ich beim Kaffee kochen eine der beiden im Gemeinschaftsraum, der auch Küche ist, und kann mir auf meine neugierige Art nicht verkneifen hinten rum zu fragen, ob ihre aufgefallen sei, dass offensichtlich eines der Fahrräder gestohlen wurde. Nein, antwortet sie, das Fahrrad haben wir in das Zimmer gestellt, da der Flur so voll war. Beim weiteren Plausch erfahre ich, dass die beiden sich mit der Radtour einen Lebenstraum erfüllen. Sie wollten einmal mit Rad zum Nordkap. Hierfür haben sie vier Monate unbezahlten Urlaub erhalten. Übernachten tun die Beiden zumeist in Hostels oder Hütten.
So, genug geschnackt ich muss weiter. 08.45 Uhr antreten war die Ansage. Auf zur Wal-Safari. Nicht, dass die mich noch vergessen. Gesagt, getan. In der Lobby treffe ich den Suzuki-Fahrer Andy, und die Wohnmobilisten vom Vortag, Torsten und Petra. Vor der richtigen Safari gibt es eine kleine Führung. Hierbei erhalten die Teilnehmer Informationen zu den verschiedenen Walarten, der Nahrungskette usw. Mit einem Spaziergang geht’s zum Schiff. Bei Glück sehen wir heute Orcas, die Wahrscheinlichkeit nur Pottwale zu sehen ist um einiges höher. Die Nussschale, wohl ein ehemaliger Kutter, schaukelt. Er fährt nicht, nein er schaukelt die rund 50-60 Teilnehmer zum ersten Beobachtungsgebiet. Meine Frage im Kopf, was passieren würde, wenn alle im Walsichtungsfalle auf die gleiche Seite des Schiffes laufen würden wird durch eine Durchsage eines Guides unterbrochen: „Der ältere Herr, der jetzt in den Ausguck steigt, ist 91 Jahre alt.“ Man hört ein Taschenrascheln und im Nu sind die Kameras gezückt. Mit 91 Jahren im Lichte der Kameras. Das ist mal was. Er kann nichts sehen (zumindest keine Wale). Der Kapitän hört keine Klicks, mit denen die Wale selbst orten. Auf einmal wilde Funksprüche. Wir fahren in ein Gebiet, in dem bereits ein Schiff auf Warteschleife liegt. Viele Möwen schwimmen im Wasser. Ein gutes Zeichen. Ohhhhhhh, und da ist er. Wo? Da, da hinten ganz klein. Man sieht etwas Wasser hochspritzen. Jede Kamera an Bord versucht ihn auf Linse zu bekommen.
Ja, durchaus. Da ist ein Wal – aber warum springt er nicht, macht keine komischen Figuren. Kann der denn gar nichts? Nein, wird mir erklärt. Er holt nur alle 20 Minuten Luft und erholt sich. Naja, ok. Ich hab ´nen Wal gesehen. Nachdem der Wal wieder abgetaucht ist, wird der Kapitän ganz heiß auf weitere Erfolge und Klicks in seinem Kopfhörer. Während er die Verfolgung aufnimmt, hängt eine junge Mutter über der Reeling und speit sich die Seele aus dem Leib. Das auf dem Rücken geschnallte Baby ist noch zu jung um zu vernehmen, was Mami gerade Unangenehmes durchmacht. Papi ist mit der anderen kleinen Tochter beschäftigt. Und da ist er, Wal 2. Gleiches Spiel und auf geht’s zu Wal 3. Vielleicht ist es auch wieder Wal 1, denn 20 Minuten sind ja seit der letzten Begegnung bereits wieder vorbei. Wer weiß es schon. Man entscheidet, dass wir genug gesehen haben (Hehe – die Geld-zurück-Garantie somit verfallen). Nach rund 5 Stunden Fahrt, von 11.00 Uhr bis 16.00 Uhr, erreichen wir wieder den Hafen, wo die nächste Gruppe wartet. Mami geht’s wieder besser.
Ich entscheide mich, noch ein wenig Kilometer zu machen. Nur eine halbe Stunde nachdem ich losfahre, fängt es an zu regnen. Naja, immerhin war es während der gesamten Schifffahrt trocken.
Ich fahre laut Navi „unbekannte Straßen“ über Bleik und Nordmela (Nordküste) und stoße dann auf die 82. Von Melbu fahre ich bis Fiskebol mit der Fähre (75 Kr).
In Laukvik nehme ich mir um 23.00 Uhr einen Campingplatz. Das Ist schon sehr spät. Meistens kehre ich zwischen 20.00 Uhr und 21.30 Uhr auf den Plätzen ein.
Einige Schafherden auf der Straße waren nicht ganz unschuldig an meiner „Verspätung“.
Fakten:
Temperatur zwischen 11 und 14,5 Grad
Gefahrene Strecke: 188 km
Fähre/n: 4,43 Seemeilen (8,2 km) mit der Fähre – 0,52 Std. Fahrzeit
Campingplatz: Sandsletta Camping AS (150 Kr) – Laukvik