Mit dem Motorrad alleine zum Nordkap
TAG 10 – „ALTA“

 

Gestern Abend treffe ich einen Spanier – mit KTM 1290 Super Adventure – zum Nordkap unterwegs. Seinen beklebten Touratech-Koffern nach zu urteilen, hat er schon sehr viele Länder bereist. Er zeigt mir ein Youtube-Video vom Nordkap, auf dem ein Motorradfahrer der Sonne entgegenfährt. Er wiederholt mehrfach auf Englisch, man müsse um Punkt 23.58 Uhr dort hinfahren. Und am günstigsten würde die Sonne diesen Samstag stehen. Als ich am Morgen aufwache ist er schon weg.

Die Nacht auf diesem fast unter Wasser stehenden Zeltplatz war durch das laute rauschende Wasser sehr unruhig. So fand ich im Gesamten – auch weil es mit rd. 6 Grad sehr kalt war – nur wenig Schlaf. Der Platz ist meines Erachtens völlig überteuert. Unter den vorgefundenen Umständen hätten die Platzbetreiber die Platzpreise vorübergehend runterschrauben sollen.

Beim Einpacken stelle ich einmal mehr fest, dass sich mein nagelneuer „Deuter“-Schlafsack immer mehr von seinen Daunen verabschiedet. Von solch einem hochwertigen Produkt sollte man eigentlich mehr erwarten können.

Der Schlafsack hinerlässt Federn auf der Matratze und dem Rest des Zeltes

Während ich aufsattele spricht mich ein perfekt englischsprechender Engländer an. Er fährt eine Aprilia Tuono und hat das gleiche Ziel wie ich. Er ist der festen Überzeugung, dass morgen das beste Wetter für einen Besuch zum Nordkap ist. Von unserem morgigen Wiedersehen am Kap scheint er sehr überzeugt. Ich sehe, wie er unter den Handschuhen Benzinhandschuhe von der Tankstelle trägt. Eine gute Idee denke ich angesichts meiner, den sinkenden Temperaturen geschuldet, kalten Finger.

Ich fahre die E8, um auf die 91 zu gelangen. Ich darf die Fähre von Breivikeidet nach Svensby (84 Kr)  fahren. Weiter geht’s die 91. Sie ist langweilig und mit unheimlich vielen Fahrzeugen befahren. Die nächste Fähre Lyngseidet-Olderdalen (100 Kr) hat eine Fahrdauer von rund 40 Minuten.

Es geht auf die E6, die weitaus interessanter zu fahren ist, als gedacht.

Hier habe ich gleich dreimal Rentierkontakte. Der erste ist harmlos. Der zweite gestaltet sich als gefährlich, da auf der Gegenfahrbahn langsam fahrende Fahrzeuge ein Dreierteam, offensichtlich jüngerer, Rentiere auf mich zu treiben. Die Tiere haben auf der einen Seite einen Berg und auf der anderen Seite Leitplanken. Kommen also nicht weg. Ich bleibe stehen. Während die Tiere immer mehr „Fahrt“ direkt auf mich zu aufnehmen, überholt mich ein deutscher orangener T4 (auch dieser hatte mich bereit einmal überholen lassen) und treibt die Tiere mit dieser Aktion dazu, über die Leitplanken zu Springen – eigentlich eher ein stolpern und fallen. Er lässt mich wieder überholen (Danke). Beim dritten Kontakt konnte auch der T4-Fahrer mich nicht unterstützen. Von links läuft ein großer Bulle in meine Fahrbahn direkt auf mich zu. Ich denke, dass er vielleicht seine grasende Herde auf der linken Seite schützen wollte. Ich habe ein Ausweichmanöver gemacht und Gas gegeben. Es ist genug Platz, da hier in diesem Moment kein Gegenverkehr herrscht.

Die E6 lässt mich wieder nah an den Schnee ran. Hätte ich mehr Zeit müsste ich nur absteigen und könnte einen Schneemann bauen, oder ein Iglo, oder eine Hütte oder …

Es geht bei Sonnenschein auf die 38 nach Alta. Morgen wird das Kap mein Ziel sein. Gerade als ich mein Lager aufgeschlagen habe, kommt ein junger Mann mit einem Teller Ravioli aus dem benachbarten Wohnmobil auf mich zu. „Hier.“, sagt er „Dann sparst du dir heute das Kochen. Die Cola musst du auch nicht trinken.“ Er geht lächelnd und kommt mit einer Dose Bier wieder. Die frisch zubereiteten Ravioli haben köstlich geschmeckt. Als ich das, natürlich gereinigte, Geschirr zurück bringe lerne ich seine Frau, eine gelernte Köchin, Sohn und Schwiegervater kennen. Die junge Frau hat seit einiger Zeit MS und die jetzige Tour unternehmen die vier gemeinsam, um dem Kleinen, solange sie noch in der Lage dazu ist, all die schönen Dinge zu zeigen, die seine Mama einst mit ihrem Vater gesehen und kennengelernt hat. Toll!

 

Fakten:
Temperatur zwischen 7 und 12,5 Grad
Gefahrene Strecke:   287 km
Fähre/n: 3,34+6,8 Seemeilen (6,2+12,6 km) mit der Fähre – 0,35+0,62 Std. Fahrzeit
Campingplatz: Alta River Camping AS (150 Kr) – Alta

Norwegen TAG 10

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