Mit dem Motorrad alleine zum Nordkap
TAG 7 – „RENNTIERE ODER RENTIERE?“

 

Rentiere in Sicht! Aber ganz von vorne. Mein heutiges Ziel ist Bodo. Hierfür muss ich nur die 17 entlangfahren. Es ist trocken, als ich mein Zelt abbaue. Auch die Nacht war trocken. Ich freue mich. So kann ich alles mal wieder ordentlich in die Koffer packen. In den letzten Tagen habe ich immer mehr nasse Sachen auf mein Top Case gestapelt, was mich durch die ansteigende Höhe irgendwann an eine alte IKEA Werbung erinnerte.

Meinen morgendlichen Kaffee bereite ich mir noch in der Gemeinschaftsküche auf dem Zeltplatz zu. Es stinkt nach Fisch. Kein Wunder. Sind auf diesem Platz doch viele Angler untergebracht.

Ich warte auf meine erste Fähre. Da kommt sie. Respekt. Die erste Fähre des Tages von Levang nach Nesna (71 Kr) schneidet im Wasser Kurven, da würde manch ein Motorradfahrer vor Neid erblassen. Erstaunt beobachte ich, dass die Fähre, nicht wie von den anderen gewohnt, anlegt sondern etwas stärker auf den Anleger „raufkachelt“. Ist heute vielleicht der Tag der Auszubildenden? So bin ich weder verwundert, noch enttäuscht, als man mich beim Herauffahren erstmalig auffordert, „Miss Q“ mit Spanngurten zu sichern.

Ich nehme mir vor, auf einer der heutigen Fähren auf alle Fälle Labskaus zu essen. Ich habe bereits die letzten Tage den hohen Anteil an verkauftem Labskaus an Bord beobachtet. Also muss es doch irgendwie schmecken. Am Ende des Tages wird sich zu meiner Enttäuschung herausstellen, dass es auf keiner der heutigen Fähren Labskaus gibt.

Und nun ist es soweit – alles mit der Gopro dokumentiert – mein erster Rentierkontakt. Nicht ein, nicht zwei, nein, gleich eine ganze Herde. Während ich stehen bleibe und das Spektakel per Video aufnehme, kommt von hinten der gestrige KTM-Fahrer herangefahren. Er freut sich sichtlich, ebenfalls Aufnahmen machen zu können. Zumal wir uns gerade gestern noch über das anmutend tollpatschige Verhalten von Ren(n)tieren unterhalten haben. Angeblich sollen die Tiere mit ihren Hufen auf Straßen keinen Halt finden und daher „herumstaxen“. Auf meinen Kontakt mit dem Elch habe ich den KTM-Fahrer gestern schon ein Stück weit neidisch gemacht.

Es geht weiter. Während der Kollege kurze Zeit später auf dem, auch mir empfohlenen Campingplatz Polaris, Rast machen wird, geht meine Reise weiter.

Hmm. Ich sehe meine Fähre gerade abfahren. Nun muss ich über eine Stunde warten, damit ich dann von Kilboghamn bis Jektvik (106 Kr) eine Stunde Fähre fahren darf.

Auf der Fähre eine Durchsage „We are crossing the artic circle now“. Alle Augen und Kameras an Bord wandern nach rechts.

Mich erwartet nach der Fähre eine hervorragende kurvenreiche Fahrstrecke. Geschmückt von Hügeln und Küsten. Das Wasser, ich denke bedingt durch die Schmelze, in einem schönen blau. Was will man mehr?

Auf der dritten und letzten Fähre meines heutigen Tages von Agskaret nach Foroy (56 Kr) komme ich mit einem eine blaue Yamaha Tracer fahrenden Norweger ins Gespräch. Er in Englisch – ich in gewohnter Manier in Denglisch. Für ihn kein Problem. Wie er feststellt, können die meisten Deutschen kein richtiges Englisch. Das liegt wohl daran, dass wir Deutschen außerhalb der Schulzeit nur wenig mit Fremdsprachen konfrontiert werden – siehe die ganzen synchronisierten Filme im Fernsehen. Er wird Recht haben. Der gute Mann wohnt rund eine Stunde entfernt und pendelt derzeit täglich. Er arbeitet mit drei anderen an einem Projekt, das sich mit dem Wetter beschäftigt. Man hat für die vier kurzfristig nur drei Unterkünfte gefunden, woraufhin er den anderen den Vortritt gelassen hat. Mit seinen beneidenden Worten, dass wir Deutschen viel leichter in andere Länder, wie z.B. England, Frankreich usw. reisen können, trennen sich unsere Wege (die Fährfahrt) wieder.

Es wird kälter, es gibt mehr Tunnel. Der Längste ist, so meine ich zu sehen, um die 8 km. Für die Strecke, die mich umgibt habe ich leider nur noch ein halbes Auge. Ich bin müde und freue mich, den Campingplatz zu erreichen. Dass dieser schon wieder in der Nähe eines Flughafens ist, nehme ich bei einem Spaziergang über den Platz nur noch halb zur Kenntnis.

Am Tagesende erinnere ich mich an die drei Männer von gestern. Gab es für sie jemals eine Chance rechtzeitig nach Bodo zu kommen, ohne vom Motorrad zu fallen?

Miss Q macht keine Probleme – Außer, dass ich heute einen Umweg von rd. 60 km (30 hin und zurück) zum Tanken zurücklegen musste. Meine Schuld. Ab und zu sollte man die Tankuhr im Blick haben.

 

Fakten:
Temperatur zwischen 8 und 20,5 Grad; nach Überschreiten des Polarkreises nicht mehr als 13,5 Grad
Gefahrene Strecke:   448 km
Fähre/n: 4,21+10,15+1,46 Seemeilen (7,8+18,8+2,7 km) – 0,33+1+0,17 Std. Fahrzeit
Campingplatz: Bodosjoen Camping AS (130 Kr) – Bodo

Norwegen TAG 7

Beitragsnavigation


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert